ELENI MANOLOPOULOS & EMMA ZIMMERMANN

empty set

10.5.–7.6.2023

Die Dorothea Konwiarz Stiftung freut sich, die Ausstellung von Eleni Manolopoulos und Emma Zimmermann zu präsentieren. 

Die beiden Stipendiatinnen des Förderjahrgangs 2022/23 bringen ihre ganz unterschiedlichen Werke unter dem Titel empty set zusammen. Mit diesem Begriff aus der Mengenlehre, den sie in ihrem Text als Bezeichnung für das Nichts als etwas Seiendem kennzeichnen, verweisen sie auf das für die Bildende Kunst grundlegende Phänomen des Sichtbarwerdens von etwas Unbeschreiblichem.

 

„Empty set ist ein Begriff der Mengenlehre und bezeichnet die leere Menge. Entgegen der Annahme, das empty set sei äquivalent zum Nichts, bezeichnet es die Menge, welche das Nichts enthält. Damit wird das Nichts als Nichtseiendes zu einem Seienden, zu etwas Beschreibbarem, das durch die Menge zusammengefasst wird. Das empty set ist eine formale Sprache. Sie ist die Sprache, die keine Wörter enthält, also die leere Sprache. Es gibt nur eine leere Sprache und als Teilmenge einer jeden anderen Sprache ist sie universal.

Kunst ermöglicht es Inhalte, die sich der natürlichen Sprache entziehen, zu vermitteln. Dazu entwickeln Künstler*innen ‚formale Sprachen‘ bestehend aus Farbe, Form und Komposition. Auch bei völlig disjunkten, unterschiedlichen künstlerischen Praktiken teilen sich alle künstlerischen Sprachen die leere Menge, empty set, und das Bestreben, etwas zu vermitteln, das sich der natürlichen Sprache entzieht, etwas zu beschreiben, das nicht beschreibbar ist. 

Manopoulos Formensprache besteht aus abstrakten Formen, Buchstaben, Zahlen, Farbe und Komposition. Dabei fertigt sie von der Zeichnung ausgehend Malereien und Grafiken an. Die in der Ausstellung präsentierten Ölmalereien zeigen die Wirkung von exzentrischem Weiß und konzentrischem Schwarz. Für sie und ihre Arbeit gilt: „Ohne Disziplin keine Freiheit, ohne Fessel keine Intensität. Nicht nachdenken, sondern fühlen, nicht verstehen, sondern wirken lassen.“ (Sharon Eyal)

Zimmermann versucht, Machtverhältnisse neu zu denken und dafür eine visuelle Sprache zu finden. Themen wie Wut und Verletzlichkeit tauchen in den Arbeiten auf und gleichzeitig die Frage, wie man Wut zeigen kann, ohne Bilder patriarchal geprägter Strukturen zu reproduzieren. Unteranderem werden handgeschmiedete Stahlspitzen als malerische Elemente eingesetzt, textile Stoffe werden durch eine Kombination aus Tanz- und Reinigungsfrottage zu Malereien, und experimentelle Drucke entstehen durch ein bedachtes Aufschichten von gesammelten Stoffausschnitten. Zimmermanns Arbeit bewegt sich zwischen der Lust am Aufrütteln, das Unbequeme herauszukitzeln, produktiver Wut und dem akribischen Erforschen, sensiblen Beobachten von textilen Stoffen und deren Kontexten.“

Eleni Manolopoulos studiert seit 2019 Bildende Kunst an der Universität der Künste Berlin in der Klasse von Prof. Christine Streuli, zudem Sprache & Gesellschaft und Informatik an der Freien Universität Berlin. Seit 2021 ist sie Stipendiatin des Cusanuswerkes.

Emma Zimmermann *1997 in Großburgwedel, lebt und arbeitet in Berlin, studiert Bildende Kunst an der Universität der Künste Berlin in der Klasse von Prof. Christine Streuli. Sie war Preisträgerin des Anerkennungspreises der Walter Stöhrer-Stiftung 2021/22.

 

 

ELENI MANOLOPOULOS’ gleichmäßiger Farbauftrag lässt die Stofflichkeit der Malerei fast vergessen. Die monochrom erscheinenden Farbgründe erhalten durch ihre vielfarbigen Lasurschichtungen ihre Tiefe und Leuchtkraft. Wobei die psychophysische Wirkung von Farben und Farbkompositionen für die Künstlerin wichtig ist – wenn etwa ein exzentrisches Rot mit einem, nach Kandinsky, konzentrischen Schwarz von Kreisen, Linien, Zahlen und Buchstaben ringt. Diese rätselhaften Notationen gehen auf existierende Rechnungen aus der Mathematik zurück.

Im Zentrum von EMMA ZIMMERMANNs Werk steht die Leinwand, der Stoff.
Die Leinwand ist das grundlegende Material der Malerei, einer traditionell männlich geprägten Gattung. Der Stoff, der gewebt, vernäht und bestickt wird, ist hingegen mit der weiblich konnotierten Textilkunst und der Handarbeit verknüpft. Von dort aus ist es in der Assoziationskette nur ein kleiner Schritt zur Hausarbeit und dem Wischtuch.
Emma Zimmerman reibt sich an derartigen Zuschreibungen und reibt den Leinwandstoff über den mit Farbe bedeckten Boden. Auf diese Weise entsteht eine Frottage, eine Reinigungsfrottage, wie die Künstlerin sie nennt. Diese wird von ihr vernäht, bestickt, mit Sinnsprüchen aus Haushaltsbüchern aus den 50er bis 70er Jahren bedruckt – und durchbohrt mit von der Künstlerin handgeschmiedeten Stahl-Spießen, die Emma Zimmermann bezeichnenderweise Spießer nennt.

Cora Waschke

ELENI MANOLOPOULOS

EMMA ZIMMERMANN