Anlässlich des 25-jährigen Bestehens der Dorothea-Konwiarz-Stiftung zeigen ehemalige Stipendiatinnen ihre Arbeiten zusammen mit denen der Stifterin in der DKS-Galerie. Clara Brörmann, Marta Djourina, Carola Ernst, Fee Kleiß, Kerstin Podbiel, Emeli Theander und Nouchka Wolf haben für die Jubiläumsausstellung ergänzend zu ihren eigenen Bildern jeweils eine Arbeit von Dorothea Konwiarz aus verschiedenen Werkphasen ausgewählt.
Zudem sind in der Remise neben einigen von Konwiarz‘ Frauendarstellungen aus ihrer Studienzeit in den 1950er Jahren auch ein paar ihrer aufwändigen Bühnenbildentwürfe für die populäre ZDF-Quizsendung Der große Preis (1974–1992) zu sehen.

Aus Dorothea Konwiarz’ früher Schaffenszeit ist eine Zeichenmappe mit Körper- und Faltenstudien erhalten, von denen einige vermutlich während ihrer Ausbildung an der Meisterschule für das Kunsthandwerk entstanden sind. Konwiarz hatte sich gegen den Willen ihres Vaters für eine künstlerische Laufbahn entschieden. Während ihrer Zeit an der damaligen HfbK Berlin schuf sie vor allem Bilder von Frauen in Tempera oder Kaseinfarbe auf Papier im Stile von Karl Hofer (damaliger Universitätsdirektor und Professor), Paul Gauguin oder Henri Matisse. In den sechziger Jahren gestaltete sie zahlreiche abstraktere, teilweise surreal anmutende Darstellungen von mythologischen Orten, Landschaften und Vögeln aus Tusche und Aquarell. Eine herausragende Werkgruppe entstand 1977/78, in der Konwiarz in grellen Farben und psychedelischer Formensprache ihr traumatisches Erlebnis als Passagierin der entführten Lufthansa-Maschine Landshut und ihrer Befreiung in Mogadischu verarbeitet. Zuletzt wendete sich Konwiarz abstrahierten Landschaftsdarstellungen in lichten Farben zu, von denen einige auf ihre Aufenthalte auf Mallorca, andere auf denen in einer Krebsklinik zurückgehen. Das auf einer großformatigen Holzplatte angelegte Tempera-Bild Garten Eden von 1998 bleibt unvollendet.

A colour’s weight VII · 2024 · Öl, Pigmente und Acryl auf Leinwand 50 × 40 cm | © def image
Meine abstrakten Bilder und ihre geometrischen Formen haben einen eigenen Körper. Die Bilder erscheinen nicht flach, sondern wirken wie Objekte im Raum – oder wie ein physisches Gegenüber. Farbe spielt für mich dabei eine räumliche, geradezu skulpturale Rolle. Gleichzeitig ermöglicht die im Prozess entwickelte Malerei dem Betrachter ein vielseitiges, mehrdimensionales Erleben. Über einen monatelangen Zeitraum entstehen vielschichtige und stofflich präsente Gemälde: ich konstruiere und verwerfe, übermale oder trage Farbe ab. Über Konstruktion und Dekonstruktion gelange ich zu einer Einheit von Form, Farbe und Material. Der schrittweise Arbeitsprozess wird für den Betrachter zugleich sichtbar gemacht: Beschwingte Linien, versetzte Farbflächen und Verläufe von Arbeitsspuren leiten den Blick durch die Bildebenen.

ohne Titel
2020 · Direktbelichtung mit unterschiedlichen
Lichtquellen auf analogem Fotopapier · selbsterstelltes
Filmnegativ · Unikat · 120 × 76 cm | © Marta Djourina
Marta Djourina untersucht Lichtphänomene auf analogem Fotopapier, wobei Licht als Thema, Werkzeug und Untersuchungsgegenstand dient.In ihrer fortlaufenden Werkreihe großformatiger Unikate verwandelt sie das Fotolabor in eine Bühne für performative Lichtgesten, bewegt sich mit verschiedenen Lichtquellen von Ecke zu Ecke und beschreibt die gesamte Bildfläche des Fotopapiers von bis zu 6 m x 1,83 m. Sie kombiniert fotografische und malerische Gesten, um das Verborgene sichtbar zu machen und flüchtige Momente zu fixieren. Ihr Ansatz vereint Langzeitbelichtungstechniken und spontane Lichtinteraktionen, schafft ein Gleichgewicht zwischen Präzision und Unvorhersehbarkeit und verwandelt ihre Bewegungen in visuelle Spuren, wodurch sie Fotografie als körperliche Performance neu definiert.

Fantastica · 2025 · Tusche und Ölpastellkreide auf Leinwand · 136 x 121 cm | © Carola Ernst
In ihrer Arbeit untersucht Carola Ernst die Grenzen der Wahrnehmung. Ihre künstlerische Praxis bewegt sich zwischen Malerei, Zeichnung und Installation – multimedial und interdisziplinär. Ihre Malereien/Zeichnungen loten die Übergänge zwischen Realität, Vorstellung und Imagination aus. Wissenschaftliche Impulse erhält sie aus der Psychophysik und den Neurowissenschaften – insbesondere zu Fragen des Bewusstseins und der Wahrnehmung. Traumhafte Zustände, emotionale Verdichtung und Erinnerungsfragmente prägen ihre Werke. Das Zusammenspiel verschiedener Realitätsebenen steht dabei stets im Mittelpunkt ihres künstlerischen Denkens.

L‘OEil de l’Ail · 2025 · Tempera, Pigmente und Kaninchenleim auf Leinwand · 140 × 110 cm | © Till Kleiß
Ihr künstlerischer Ansatz beschäftigt sich mit Transformationsprozessen und dem Umgang unserer Gesellschaft mit der großen Anzahl an Dingen, die durch den menschlichen Drang, Materie irreversibel umzuwandeln, entstehen. Sie sammelt und archiviert Überschüsse dieser Metamorphosen, die konsumiert und oft schnell entsorgt werden. Sie baut industrielle Gegenstände zu künstlichen Naturmodellen um, inspiriert von Wachstumsprozessen von Pflanzen, Pilzen, Algen und Flechten. Dabei entwickelt sie komplexe Techniken mit einfachen Materialien, etwa Kleidung, die sie im Raum ausdehnt und mit Knochenleim aushärtet. Pigmente im Material sorgen für Stabilität und Farbfelder im Raum. Die dabei entstandenen Objekte tauchen wiederum in ihren Bildern auf. In der Fläche nutzt sie klassische Maltechniken wie Eitempera, um Fragmente aus ihrer Bilddatenbank zu kopieren, mit denen sie seit zwanzig Jahren in Künstlerbüchern arbeitet. Besonders Auszüge aus Angebotsmagazinen von Discountern malt sie in mehreren Schichten als Trompe-l’œil-Stillleben, Ikonen gleich. Neben Malerei und Skulptur/Installation arbeitet sie auch mit Collagen und neuen Medien.

Unglück · 2024 · Tusche auf Papier · 100 x 69 cm | © Kerstin Podbiel
In den Arbeiten von Kerstin Podbiel werden Störungen von Systemen untersucht und beleuchtetet. Vor allem geht es um Denkprozesse, welche zum negativen Handeln führen. Hierbei werden vordergründig die Zwischennuancen betrachtet. Was können die Auslöser negativen Handelns sein? Was ist wenn z. B. Schwarz und Weiß aufeinandertreffen – was geschieht da bei diesen Grenzsituationen? Im Anschluss wird versucht, die Ergebnisse dieser Untersuchungen bildnerisch umzusetzen. Die Arbeiten besitzen deshalb stets eine konzeptionelle Grundlage. Die typischen Strukturen werden auseinandergenommen und künstlerisch wieder neu zusammengesetzt. Verschiedene Disziplinen greifen ineinander über. Meist werden Installationen geschaffen, welche aus malerischem Film, Performance, Skulptur, Zeichnung, und Malereibestehen. Die Arbeiten sind ebenso abstrakt wie bildnerisch und haben bei aller Offenheit für Assoziationen häufig in mehrfacher Hinsicht als Grundthema die Zerissenheit.[/fontsize]

Tigrar · 2024 · Öl auf Leinwand · 170 × 150 cm | Emeli Theander
Meine Arbeit erkundet die Grenze zwischen dem Realen und dem Imaginären – ein Ort, an dem sich Erinnerung, Mythologie und Träume miteinander verweben. Durch Malerei und Zeichnung konstruiere ich visuelle Erzählungen, die in einem Zwischenraum angesiedelt sind, bevölkert von hybriden Wesen, gespiegelten Selbstbildern und wandelbaren Identitäten. Ich versuche, das Wilde und mitunter Unheimliche zu bändigen und zu kontrollieren und so einen Raum für emotionale Zustände zu schaffen, die sich einer einfachen Kategorisierung entziehen. Eine Art mentale Safari durch psychologische Landschaften – meine Gemälde ähneln botanischen Gewächshäusern: Umgebungen, in denen das Ungezähmte innerhalb eines kontrollierten Rahmens existieren und ruhen kann. Ich arbeite vorwiegend mit traditionellen Materialien – Öl, Graphit, weiche Pastelle – und bevorzuge zarte Linien neben pastösere Texturen, die die Zerbrechlichkeit oder Raue der von mir dargestellten Themen widerspiegeln. Das Sujet des ‚Mutter sein‘ und dessen teils widersprüchlichen Facetten spielen in letzter Zeit eine größere Rolle in meiner Arbeit. Der Bogen vom Kind- zum Erwachsensein faszinieren mich – heimgesucht durch die Fragen über das Ich.

Verklärte · 2025 · Rotkrautsaft, Soda, Eitempera und Zitronensäure auf Leinwand · 180 × 150 cm
Nouchka Wolfs Werk, von einer dunklen, teils obszönen Komik durchzogen, zeigt die Welt und ihr Personal als Versehrte, ausgeliefert der Grausamkeit der Psyche, den Beschränkungen des Körpers, der Komödie der Sterblichkeit. Im Zentrum der Arbeit steht die Malerei, in Eitempera diversen Materialien aus historischer Praxis und Haushalt (wie Blut, Berliner Blau, Natron, Säuren, Harze, Rotkohl, Kakao…) auf Leinwand. Die Settings der Bilder sind oft karg, verlorene Figuren vor wüster Landschaft unter Himmeln aus ungesundem Licht reißen Witze, man tendiert zum Galgenhumor.